Friska Viljor

Friska Viljor

Der Öffentlichkeit wurden in den letzten Jahren ja bekanntlich zahlreiche Bands aus Schweden bekannt. Man denke da nur an Bands wie The Hives, Mando Diao oder auch Soundtrack Of Our Lives. Die neueste Entdeckung ist die Stockholmer Band Friska Viljor, die 2005 aus der Trauer zweier junger Schweden entstand, von ihren Freundinnen verlassen worden zu sein. Nach dem Erfolg ihres Debütalbums "Bravo" sind sie nun seit einiger Zeit für ihren zweiten Longplayer "Tour d’Heart" auf Tour und machten dabei innerhalb zweier Monate schon zum zweiten Mal in Berlin Halt.

{image}Liebe. Was ist das doch für ein Gefühl, nach dem sich jeder Mensch sehnt? Sie kann so wunderschön sein, aber auch so unglaublich schmerzhaft. Dennoch lässt sich jeder auf sie ein. So auch Daniel Johansson und Joakim Sveningsson, die dafür allerdings, jeweils in verschiedenen Perspektiven gedacht, leider – oder zum Glück – leiden mussten. Leider, weil im Sommer 2005 beide fast gleichzeitig von ihren Freundinnen verlassen wurden. Zum Glück, weil der daraus folgende Herzschmerz die Initialzündung dafür war, ihre Trauer mit Musik zu bekämpfen, wodurch die schwedische Band Friska Viljor entstand. Ständiger Begleiter war dabei allerdings auch immer der Alkohol. Denn nachdem sie im Januar 2005 den Verlust ihrer geliebten Frauen verkraften müssen, zieht es die beiden Songschreiber zunächst gemeinsam in die Tiefen des Stockholmer Nachtlebens. Dort können sie sich den Genüssen des Alkoholkonsums nicht entziehen und landen schließlich eines Abends leicht beschwipst in einem Aufnahmestudio. Die im Rausch entstandenen Songs gefallen den beiden Schweden am nächsten Tag so gut, dass sie beschließen, weitere Songs zu schreiben. Allerdings nur unter der Bedingung des Alkoholrausches, als Arzneimittel für das Songschreiben, und das Songschreiben als Verarbeitung ihres Liebeskummers. "Das passt!", denken sie sich. Und so gründen sie schließlich, glückselig über ihre nächtlichen Songideen, zusammen mit ihren Freunden Maria Linden, Mattias Areskog, Markus Bergqvist und Ludvig Rylander die Band Friska Viljor. Wenig später erscheint ihr Debütalbum Bravo erfolgreich in Schweden. Darüber euphorisiert wollen die beiden Hauptprotagonisten nun auch im Ausland für ihre Musik werben und landen hierbei 2006 in Hamburg, wo sie nicht nur einem Plattenladen einige ihrer CDs verkaufen, sondern in demselben Laden am Abend auch noch ein begeistertes und umjubeltes Konzert spielen. Es folgen einige Festivals und eine Tour, bevor sie schließlich 2008 ihr zweites Album Tour d’Heart herausbringen. Ein passender Titel, denn es geht wie im ersten Album auch hier wieder um die für die Band drei wichtigsten Elemente im Leben: Um Frauen, um den Alkohol und natürlich um die Musik, besser gesagt den Rock'n’Roll.

Seit mehreren Wochen befinden sich Friska Viljor nun wieder auf Tour. Sie machten dabei innerhalb zweier Monate nun schon zum zweiten Mal Station in Berlin. Während sie im Juli noch den kleinen Club Magnet bespielt hatten, konnten sie sich diesmal auf den schon etwas größeren, aber dennoch sehr gut gefüllten Festsaal im Berliner Viertel Kreuzberg freuen.

{image}Eröffnet wird das Konzert jedoch zuerst von der ebenfalls aus Schweden stammenden Band Stomping Souls, die den Autor mit ihrem Sound und ihrem energischen Auftreten ein wenig an die schwedischen Kollegen von The Hives erinnern. Was das Publikum mit viel Applaus würdigt. Vielleicht auch deshalb, weil hier schon zwei Friska-Viljor-Mitglieder ihren ersten Auftritt am heutigen Abend haben. Emil Nilsson, der an diesem Abend bei beiden Bands jeweils das Keyboard bedient und Marcus Bergqvist, der bei Stomping Souls als Gitarrist sichtlich und austobend seine Beinfreiheit genießt, während er bei Friska Viljor sonst üblicherweise hinter dem Schlagzeug sitzt.

Als Friska Viljor dann die Bühne betreten, merkt man schnell: Die Traurigkeit über die verlorene Liebe und der Liebeskummer aus ihren Anfangstagen scheint verflogen zu sein. Mit Beginn des ersten Taktes werden aus Traurigkeit heraus entstandene Songs, die auch gut vor brennenden Lagerfeuern im Gruppenchor in kalten Winternächten gesungen werden könnten, während dem Auftritt zu Songs, die im Publikum Jubel, Fröhlichkeit und ein gesteigerten Tanzwillen auslösen. Es wird gehüpft, gesprungen, Arme werden in die Höhe gehoben und bei tragenden Klagesongs wie I Gave My Life werden dann auch Hände zur Melodie geschwenkt. Das geht dann so weit, dass jemand plötzlich seinen Schlüssel auf dem Boden wiederfindet. Oder ein Paar, zuvor noch wie in Trance Arm in Arm vor der Bühne tanzend, plötzlich wie aus einem Traum erwachend auf dem Hosenboden sitzt, um sich wenig später wieder in den vorwärtstreibenden, zielstrebigen und schunkelnden "Trinker-Melodien" zu verlieren. Am Ende steigt eine junge Dame dann auch noch links auf die Bühne und tanzt, verloren in die teilweise polka-artigen Hymnen, in ausufernden Bewegungen zu der "Kindermusik mit erwachsenen Texten", wie Joakim Sveningsson einmal liebevoll den Sound der Gruppe beschrieb.

{image}Die Gesichter der Bandmitglieder scheinen diese Euphorie in vollstem Maße zu genießen. Fast glaubt man, dass sie ihren Erfolg und die intensive Wirkung der Musik auf die Zuschauer noch nicht fassen können. Immer wieder schauen sie sich etwas erstaunt an und brechen dann in Lachen aus. Besonders der Keyboarder Emil Nilsson kann seine Freude nicht verbergen und trommelt dann auch einmal gemeinsam mit dem Schlagzeuger auf die Drums. Letzterer gibt den Takt gerne auf dem Schlagzeug stehend vor. Höhepunkt des ganzen Spektakels ist der Song We Are Happy Now, bei dem die Band im Publikum einen Chor anstimmt, der darauffolgend voller Enthusiasmus einen "LaLaLa"-Refrain hervorbringt. Die Gruppe hat hier nämlich einen kleinen Wettbewerb zwischen den Städten auserkoren. Die Aufgabe lautet: Welches Publikum singt auf ihrer Tour am lautesten? Dabei schneiden die Berliner Zuschauer an diesem Abend wohl als einer der Besten ab. Und so ist es auch kein Wunder, dass die Bandmitglieder von Friska Viljor als Belohnung dafür noch zweimal zur Zugabe zurückkommen, bevor sie schließlich in den Katakomben verschwinden, um sich wieder dem exzessiven Alkoholgenuss zu widmen oder aber, um in die verregnete Nacht des Berliner Nachtlebens einzutauchen.

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