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Ben Weaver

Ein kalter Herbsttag mit Schnee, ein Bierchen an der Theke und Ben Weaver auf der Bühne. Drei Dinge, die wunderbar zusammenpassen. In Stuttgart stimmte einfach alles. Und als ob das noch nicht genug wäre, schenkte der Meister der grotesken und doch lebensnahen Texte jedem Besucher noch eine ganz besondere CD.

Es ist ganz schön kalt geworden. Am liebsten möchte man sich zu Hause auf der Couch mit einer Tasse Tee in eine Decke einrollen und vor sich hin träumen. Doch dann würde man in diesen Tagen echt einiges verpassen. Viele gute Konzerte stehen auf dem Plan. Eins davon war das Konzert von Ben Weaver im Stuttgarter Club Schocken. Und schon zu Beginn gab es die erste Überraschung. Nach dem Bezahlen bekommt man einfach eine CD in die Hand gedrückt. "Wo gibt's denn so was?" Die Fassungslosigkeit in den Gesichtern der Konzertbesuchern war nicht zu übersehen. Die CD ist eine besondere Tour-Edition, die nur in einer limitierten Stückzahl gepresst wurde und nur auf dieser Tour zu bekommen ist. Sie enthält neben dem auf dem aktuellen Album Paper Sky zu findenden Surrealism and Blues auch den bisher unveröffentlichten Track Bare und drei Gedichte, die Ben sowohl selbst geschrieben als auch verlesen hat. Bei den Gedichten handelt es sich um Auszüge aus seinem Buch Hand Me Downs Can Be Haunted, das bereits in der zweiten Auflage erschienen ist.

Den Anfang machte Julia Kent. Die gebürtige Kanadiern ist schon viel rumgekommen und ist vor allem durch ihr Mitwirken bei Devendra Banhart und Anthony and the Johnsons bekannt geworden. Als sie die Bühne betritt läuft noch die Stereoanlage und alle sind in ihr Gespräch vertieft. Doch als sie ihr Instrument in die Hand nimmt, füllt sich plötzlich der Raum vor der Bühne. Und sie war einfach umwerfend! "Hi, I am Julia Kent and I do need a petticure." So kündigte sie sich selbst an. Ihre Selbstironie spiegelte sich in ihren Melodien und Arrangements jedoch nicht wider. Wunderschöne Melodien und sphärische Klänge standen bei Julia Kents Musik im Mittelpunkt. Mit einem Cello, einem Looper und ein paar Effektgeräten bewaffnet, verzauberte sie das Publikum. Eine unglaubliche Stille herrschte während sie spielte und auch nach den Stücken schien es so, als wollte niemand die Stimmung zerstören und so kam der Applaus zu Beginn doch recht zögerlich. Erst als die Wahl-New-Yorkerin mehrere rhythmische Elemente einbaute, wurde auch die Zuhörerschafft lauter und euphorischer. Ein sehr schöner Auftakt für das bevorstehende Konzert des Hauptacts.

Ben Weaver betrat nach einer kurzen Pause zusammen mit seiner Band, bestehend aus der liebreizenden Julia Kent am Cello, Susanna Ruhland an Geige, Theremin und singender Säge sowie Arne Gosh (auch bei Barbara Morgenstern) an Schlagzeug und diverser Elektronik, die Bühne. Sehr ruhig und fast meditativ begann dann das Konzert mit einem kurzen Intro gefolgt von dem wunderschönen In November. Das Publikum war sofort wie gebannt und man hätte die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören können. Besonders spannend war hier der Einsatz der singenden Säge, die normalerweise nicht den Weg in die typische Pop-Musik von heute findet. Doch auch in den folgenden Stücken beweisen Weaver und seine Band Mut zur Vielseitigkeit.

Eine wunderbare Band hat sich der Amerikaner da zusammengestellt. Arne Gosh am Schlagzeug überzeugt durch gefühlvolles Spiel und untypische Rhythmen. Julia Kent hauchte mit ihrem Cello den Songs diese gewisse Melancholie ein, ohne die die Songs eher langweilig erscheinen könnten. Doch auch in der Instrumentierung gehen Weaver und Band neue Wege. Neben vorab eingespielten rhythmischen Samples kommt noch ein weiteres Instrument zum Einsatz, das man sonst meist nur auf Musikmessen zu sehen bekommt: Das Theremin. Von Susanna Ruhland richtig eingesetzt, hob es die Songs noch einmal auf eine andere Ebene. Doch auch Ben selbst ließ sich nicht lumpen und wecheslte ständig zwischen Keyboard, Gitarre und Banjo hin und her.

Besonderes Highlight waren auch die Gedichte Weavers, die er nach der ersten Hälfte des Sets aus seinem Buch rezitierte. Zunächste erklärte er, dass es sich bei dem Buch um eine Sammlung von Gedichten und Zeichnungen seiner selbst handle und er zum Beispiel einen Pinguin gemalt hat. Er möge Pinguine sehr und wisse auch viele Witze über sie. Diese Bemerkung hätte er lieber bleiben lassen sollen. Sofort wurde natürlich ein Witz gefordert, der nicht so gut beim Publikum ankam. Er war einfach zu lang... und zu alt (Witz siehe unten)! Aufgehellt wurde die Stimmung dann jedoch durch zwei wunderschöne Gedichte, die einem einen anderen Blick auf die Welt erlaubten.

Weiter ging es mit dem zweiten Teil des Sets, das ähnlich wie das erste durch seine Vielseitigkeit überzeugte. Durch die fast akustisch wirkenden Songs war jedoch alles sehr ruhig, was auch einen eher andächtigen Applaus nach sich zog "I am freakin' you out, hm?" witzelte Ben, der die Andächtigkeit des Publikums jedoch trotzdem zu schätzen wissen schien. Umso mitreißender war der Applaus für den jungen Künstler (Ben ist gerade mal 27) und seine Band dann nach dem letzten Song. Ben Weaver spielte insgesamt drei Zugaben, die er dem beigeisterten Publikum nun solo auf seiner Gitarre vortrug. Nach dem Konzert zeigte sich Ben publikumsnah und erfüllte am Merchendise-Stand jeden Autogrammwunsch und war auch für ein kurzes Pläuschchen offen. Ein sehr gelungener Abend ging zu Ende. Alle gingen zufrieden nach Hause. Und auf dem Heimweg dann Schnee: Schöner hätte der Abend nicht ausklingen können.

Setlist: Intro - In November - Wings As Knives - Frankie - Black On Black - Surrealism & Blues - Grieve All You Want - Rain - 2 poems - Like A Vine After The Sun - Pretty Girl - Soldiers War - The Unelected - 40 Watt Bulb - White Snow - Whatever you want

Zugaben (Solo): Birdsong - Geisha - Down 25

Ben Weavers Pinguin-Witz

Ein Mann fährt mit seinem roten Cabrio und einem Pinguin auf dem Beifahrersitz den Highway Number One in Kalifornien am Strand entlang. Es ist Sonntag, die Sonne scheint und der Mann lässt sich dazu hinreißen, schneller als erlaubt den Highway hinunter zu düsen. Er kommt in ein kleines Dorf, in dem nur 35 Meilen pro Stunde erlaubt sind und er brettert mit 70 Meilen durch die Ortseinfahrt. Dort sitzt ein Polizist, der bereits nach Temposündern Ausschau hält. Selbstverständlich hält ihn der Polizist an. "Sie wissen schon, dass sie viel zu schnell gefahren sind, oder?" fragt der Polizist den Mann. "Ja, aber es ist doch so schönes Wetter, die Sonne scheint." Plötzlich entdeckt der Polizist den Pinguin auf dem Beifahrersitz. "Was machen Sie da eigentlich mit dem Pinguin?" "Ach der," antwortet der Mann, "das ist mein Kumpel. Wir mögen es zusammen abzuhängen und mit dem Cabrio durch die Gegend zu fahren." "Tun sie mir einen Gefallen", sagt der Polizist, "bringen sie ihn in den Zoo und ich will über die Geschwindigkeitsüberschreitung hinwegsehen." "Klar mach ich das!" antwortet der Mann.

Am nächsten Tag ist Montag. Der Mann müsste eigentlich zur Arbeit, aber die Sonne scheint so schön und der Mann besclhießt, den heutigen Tag blau zu machen. Er setzt sich zusammen mit dem Pinguin in sein rotes Cabrio und sie fahren wieder den Highway Number One hinunter. Beide tragen Sonnenbrillen und genießen das schöne Wetter. Doch wie wir unseren netten Herren jetzt kennen, fährt er mal wieder zu schnell und landet wieder in dem kleinen Örtchen, wo der Polizist bereits wieder auf Verkehrsünder wartet. Er winkt den Mann in seinem roten Cabrio wieder raus und fragt: "Habe ich sie nicht bereits gestern rausgewunken, als sie zu schnell gefahren sind? Und überhaupt: Habe ich sie nicht inständig gebeten den Pinguin in den Zoo zu bringen?" "Ja," antwortet der Mann, "da waren wir gestern auch. Und heute gehen wir an den Strand!"

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