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Seit 2001 wird in der Mannheimer Gartenstadt unter dem Titel „Bands für Brazil“ ein ebenso kleines wie feines Benefiz-Festival unter Berücksichtigung der lokalen Musikszene durchgeführt. Dieses Jahr sind Atticus Finch, Tais, Moreme und Still Drift am Start. regioactive.de im Interview mit David Nießner und Tamara Blum vom BFB-Orga-Team.

Ein Benefizfestival für Straßenkinder in Brasilien – was war der Anstoß zu diesem Projekt, wer führt es durch?

Die Idee zu dem Festival existierte schon im Jahr 2000, bis zur tatsächlichen Umsetzung hat es dann noch fast ein Jahr gedauert. In den Jugendtreffs der Gartenstadt war damals ein engagiertes Team, das immer wieder Partys organisiert hat und wir wollten dann irgendwie „einen drauf setzen“! Bei den Überlegungen was es denn sein soll, kamen wir in Kontakt mit dem Pfarrerehepaar der Gnadengemeinde, die ein Projekt in Brasilien kennen und auch bisher schon unterstützt haben. Das hat dann auch die Namenswahl für unser Festival beeinflusst, der Name „Bands for Brazil“ war geboren.

Habt ihr einen Überblick über die Verwendung der Gelder?

Klar, wir haben regelmäßigen Kontakt zu dem Projekt „Casa Pequeno Davi“, wir wissen also sehr detailliert, erstens, dass unser Geld dort auch in vollem Umfang ankommt und zweitens, wofür es verwendet wird. Im ersten Jahr zum Beispiel wurde mit dem Geld ein alter VW-Bus angeschafft um die Kinder zwischen den verschiedenen Einrichtungen des Projekts zu befördern, neue Mitarbeiter konnten im Laufe der Zeit eingestellt werden. Die Anschaffung von Computern, um Kurse zu geben und der Aufbau eines Proberaums/Musikraums kamen dann auch noch dazu. Vor allem durch die Computer ist dann der Kontakt natürlich noch regelmäßiger geworden und in ihrem Proberaum wurde dann sogar eine CD aufgenommen, auf der die Kinder und Jugendlichen in ihren Texten das Leben auf der Straße verarbeiten.

Wieso Rockmusik – das Thema würde Latin etc. nahe legen?

Das ist der Trugschluss für viele, aber es heißt ja „Bands for Brazil“ und nicht „Bands of Brazil“. Aber ehrlich gesagt ist Rockmusik eher unsere Musik. Und wir wollen ja auch Spaß habenJ! Außerdem kam erst die Idee eines Rockfestivals und dann der Titel, der ja sehr eng mit dem Spendenprojekt verbunden ist.

2001 gestartet, seitdem jährlich durchgeführt – wie hat sich das Festival entwickelt?

Wir sind „professioneller“ geworden. Am Anfang sah z.B. die Bühne nicht Festival-würdig aus, der ganze Veranstaltungsort wurde von Jahr zu Jahr „verschönert“, auch in Sachen Technik sind wir inzwischen auf einem Stand, der sich sehen lassen kann. Die ganze Organisation wurde eben routinierter, man weiß ja dann wie’s geht! Das Feedback der Gäste spricht auch für uns, was man auch an der stetigen Besucherzahl zwischen 350-400 sieht.

Die Stadt Mannheim ist involviert - was würdet ihr euch an Unterstützung etc. mehr wünschen?

Ganz klar, Geld und Presse! In den letzten Jahren wurde ein großer Teil des technischen Equipments über die Popförderung der Stadt mitgetragen. Dieses Jahr ging das leider nicht, das Stadtjubiläum kostet natürlich und der Wechsel des Rock/Pop-Beauftragen fiel für uns dann auch zeitlich ungünstig. Pressemäßig ist es für uns auch nicht immer leicht wahrgenommen zu werden, obwohl uns da Herr Bürgermeister Kurz unterstützt und auch die Schirmherrschaft schon seit Jahren immer wieder übernimmt!

Die Bands rekrutieren sich seit Jahren aus der örtlichen Musikszene, unter Aussparung der ansonsten ja gut vertretenen und publikumswirksamen Cover-Band-Szene. Versteht sich BfB insoweit auch als Plattform für die lokale Rockmusikszene?

Richtig. Lokale Rock&Pop Newcomer zu fördern war auch einer unserer Ursprungsgedanken und wird immer unsere oberste Prämisse bleiben. Lieber den Bands eine Chance geben, die sich stundenlang in Proberäumen rumtreiben und neue, eigene Stücke bringen, als Coverbands einzuladen. Einige Male hatten wir damit auch schon den richtigen Riecher bewiesen. Groove Guerilla und Four Sided Cube haben bei unserem ersten Festival 2001 gespielt; Soma und Tais waren bei uns genauso zu Gast wie New York Sunday Brunch, alles Künstler die nach und nach immer bekannter wurden.

In diesem Zusammenhang: Habt ihr schon mit dem Gedanken gespielt bekanntere, überregionale Headliner zu buchen?

Ja, haben wir schon, aber ist irgendwie auch unrealistisch. Wir müssten dann wohl auch in ne andre Location umsiedeln, mit 400 Besuchern sind wir ziemlich voll. Diese zwei Gedanken spinnen wir wahrscheinlich jedes Jahr und immer bleiben wir dabei: Lokale Bands in der Gartenstadt… Auch wenn die Anbindung an den ÖPNV nicht ideal ist…

Wohin geht BfB im Idealfall in den nächsten zehn Jahren?

Wer weiß, eine BfB-Nebenbühne bei „Rock am Ring“? Ein 4-Tägiges Open-Air-Festival im Käfertaler Wald? Keine Ahnung wie lange wir noch Spaß an der Sache finden. Aber es wäre für das Projekt in Brasilien gar nicht gut, wenn auf einmal das Geld nicht mehr fließen würde. Und außerdem wäre ja ohne uns die Festivallandschaft im Mannheim um einiges ärmer! Also isses im Idealfall in 10 Jahren genauso wie heute: alle haben Spaß und die Kinder in Brasilien haben auch was davon.

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