Sungrazer (live in Karlsruhe, 2011)

Sungrazer (live in Karlsruhe, 2011) © Johannes Rehorst

Man sagt ja, der Konsum von Haschisch habe eine entschleunigende, extrem entspannende Wirkung, und bekennende Anhänger des Hanferzeugnisses sind nicht gerade berüchtigt für das Aufstellen von Geschwindigkeitsrekorden.

{image}Übertragen auf Musik bedeutet das, dass man von einem Label, das sich mit dem vielsagenden Namen "Elektrohasch" schmückt, die Präsentation dementsprechend ausgerichteter Bands erwarten kann. Dass dem so ist bewiesen am Donnerstag drei der besten Pferde im Stall des bewusstseinserweiternden Indie-Labels, das ins Substage nach Karlsruhe zur "Elektrohasch-Label-Night" eingeladen hatte. "Up in Smoke Vol. I" war das Motto des Abends – was im rauchfreien Substage zwar eigentlich eher ein schwieriges Unterfangen darstellt, dennoch schafften es Sungrazer, RotoR und Colour Haze, das Publikum zum Dampfen zu bringen. Als die Niederländer von Sungrazer den Abend eröffneten, war das "neue" Substage – das, was Akustik-, Licht- und Bühnenverhältnisse betrifft, eine Offenbarung im Vergleich zur alten Unterführung in der Karlsruher Innenstadt ist – bereits gut gefüllt und das Trio stieß auf reges Publikumsinteresse.

{image}Ein glasklarer Sound, eine unglaublich präzise groovende Rhythmus-Sektion, teilweise recht Kyuss-inspirierte Gesangsparts und viel Raum für verfrickelte, psychedelische Melodiebögen sorgten dafür, dass die Anwesenden rasch auf Betriebstemperatur kamen. Beste Laune bei Publikum und Band, tanzende Jungs und Mädels in den vorderen Reihen und 45 Minuten geballte holländische Energie – ein mehr als gelungener Auftakt eines vielversprechenden Abends. Bühne frei für die zweite Band: RotoR aus Berlin. Von dem Trio, gänzlich als Instrumentalband unterwegs, bekamen die geneigten Zuhörer hier ein weiteres Brett vor den Latz geknallt, dass es nur so krachte. Auch hier unverkennbar der Einfluss der Stoner-Überväter Kyuss, als weitere Referenz ließe sich noch Karma to Burn hinzuziehen, jedoch gelang es den dreien mit komplexen, aberwitzig verschachtelten Riffs und einer tollen Bühnenpräsenz sowohl einen eigenständigen Sound als auch die richtige Atmosphäre zu erzeugen. Langeweile? Fehlanzeige, stattdessen ein zusehends voller werdender Zuhörerraum sowie die aufkommende Frage bei den Zuschauern, ob man da noch mal eine Schippe drauflegen kann.

{image}Ums vorweg zu nehmen: Colour Haze konnten es. Was die Münchner Stoner-Urgesteine im Jahr 17 nach ihrer Gründung da aus dem Hut auf die Bühne zauberten, war – mal wieder – der schiere Wahnsinn und eine Meisterleistung noch dazu. Wohin man auch schaute gab es verzückt mit dem Kopf wippende Zuhörer, tanzende Menschen und über allem schwebend der perfekt harmonierende Sound des Trios: Das unglaubliche Schlagzeugspiel von Manfred Merwald muss man gar nicht mehr besonders herausheben, der erdige Bass vom ewig entrückt wirkenden Philipp Rasthofer und Stefan Kogleks krautige, verspielte Gitarrengrooves in Zusammenspiel mit seinem angenehmem, leicht falsettigen, extrem an ein zusätzliches Instrument erinnernden Gesang trugen das Übrige zur perfekten Melange aus Brachialität und Melodie bei. Obwohl größtenteils relaxtere Stücke die Songauswahl dominierten, kam auch der Overdrive-Kanal mitnichten zu kurz und auch neue, teilweise noch unveröffentlichte Stücke wurden ausgepackt. Die Zuhörerschaft war begeistert und feierte auch diese ab. Auch in Puncto Spielzeit gabs wirklich nichts zu klagen: nicht Arbeit nach Stechuhr war angesagt sondern weit über eine Stunde Herzblut und Verausgabung und so musste Stefan Koglek – nach zwei Zugaben sichtlich erschöpft - beinahe schon beschämt den immer noch nicht aufhören wollenden Zugaberufen ein Ende bereiten, nicht ohne sich nochmals beim Publikum für den gelungenen Abend zu bedanken.

Um den anfangs gespannten Bogen zu schließen: extrem hohes Suchtpotenzial beim Konsum aller drei Bands, erhöhte Trip-Gefahr dank entsprechenden psychedelischen Hintergrund-Animationen in schönster 70er-Jahre-Manier, kurzum – Elektrohasch vom Feinsten!

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