10 Jahre Jamaram mit über 1000 Liveshows in Deutschland, Europa und der Welt und kein Ende in Sicht! Die Gigmonster aus dem Süden der Republik sind wieder unterwegs. Fotostrecke starten

10 Jahre Jamaram mit über 1000 Liveshows in Deutschland, Europa und der Welt und kein Ende in Sicht! Die Gigmonster aus dem Süden der Republik sind wieder unterwegs. © Susanne Hasse

Auch wenn sich der Sommer noch nicht in seiner ganzen Fülle gezeigt hat, konnte man trotzdem schon die ein oder anderen Sonnenstrahlen ausnutzen. In dieser Ausgabe von aufgelegt gibt es neben HipHop von Guilty Simpson und Deutsch-Pop von Fertig, Los! auch gleich den passenden Soundtrack zu den warmen Zeiten des Jahres, zum Beispiel mit Reggae von Gentleman, I-Fire oder den regioactive.de-Artists Jamaram. Und für das perfekte Lagerfeuer gibt es Dashboard Confessional gleich auch noch dazu.

Jamaram * Guilty Simpson * Fertig, Los! * Gentleman * Dashboard Confessional * I-Fire * Murs & 9th Wonder

Jamaram – Jameleon | GLM/Impulso

{image}Schon ein Jahr nach ihrem letzten Werk Live bringen die 8 fleißigen Münchner ihr fünftes Album auf den Markt, dessen Facettenreichtum kein anderer Titel besser repräsentieren könnte als Jameleon. Schon viele Projekte versuchten sich an einer großen musikalischen Vielfalt, erreichten dabei aber selten in jedem einzelnen Genre die hier gebotene Perfektion, sondern wirkten im schlimmsten Fall unentschlossen. Ganz anders unternehemen Jamaram die hier gebotene sensationelle akustische Achterbahnfahrt: Ob Reggae, Ska, Balkan, Hip-Hop, Dancehall oder Latino, alles wirkt hochprofessioniell, Songs wie Heart Attack wirken dabei in jedem Augenblick wie aus einem Guss und nie krampfhaft konstruiert. Von ihrer Ugandareise sind sie selbstverständlich ebenfalls nicht inspirationslos zurückgekehrt, was man der ein oder anderen World Music Anleihe oder sozialkritischen Textpassage wie in End Of The World deutlich anmerkt. Natürlich vergessen sie dabei nicht, ihren eigentlichen Wurzeln als Reggae- und Gute Laune-Band treu zu bleiben, was nach wie vor einen Großteil der Platte prägt und nicht nur bei Songs wie Alright oder Rainbow deutlich wird. Alles in allem ein sehr gutes und durchdachtes Album, welches das Bedienen des Repeat-Buttons durchaus verdient hat.

Wertung: ++++ (Daniel Becker)

 

Guilty Simpson – OJ Simpson | Stones Throw Records

{image}Den etwas Älteren dürfte O.J. Simpson noch als einer der bekanntesten Fluchtwagenfahrer der 90er Jahre in Erinnerung sein, den ganz Alten vielleicht sogar als Football Runningback der 70er. Geneigte Liebhaber des amerikanischen Sprechgesangs werden hingegen wissen, dass es sich bei OJ Simpson 2010 um eine labelinterne Kollaboration zwischen Otis Jackson aka Madlib und dem mit reichlich Skills gesegneten Rapper Guilty Simpson handelt. Wie in einem Blaxploitation-Film setzt Regisseur Madlib seinen Protege hier gekonnt in Szene. Die knappe Spielzeit der 24 Stücke, viele Interludes und Soulsamples zeugen von der gewohnten Verspieltheit des Stones Throw Künstlers. Am Ende sind es gerade mal elf Titel, die als eigentliche Tracks durchgehen – die haben es dafür in sich. Da sich die adäquate Beschreibung von Madlibs Beats kniffliger gestaltet als DNA zu entschlüsseln, gibt es an dieser Stelle nur den Hinweis, dass Lib es mit scheinbar simplen Samplefetzen versteht eine kurios-geniale Soundstruktur zu errichten. Diese klingt dermaßen komplex, dass man sich fragt, wie tief unter der Erde sich OJ's berühmter Produktionskeller eigentlich befindet. J Dillas persönlicher Lieblingsrapper Guilty Simpson würzt das ganze mit seinem ureigenen Monotonie-Flow, der neben unbändiger Lässigkeit besonders gut den rüden Flavor der Straßen Detroits transportiert. Auf kraftvolle Weise, wie man das sonst von Sean Price kennt, gelingt es Simpson dabei die vertrackten Beats zu packen und sich einzuverleiben. Vom Titelstück OJ Simpson, das mit seinem eingängigen Pressbeat ein echter Kopfnicker ist, bis zum komplett verschrobenen Outside, bei dem sich der Kopf vielmehr schüttelt, ist große musikalische Vielfalt geboten.

Wertung: +++ ½ (Andreas Margara)

 

Fertig, Los! – Pläne für die Zukunft | Columbia

{image}Drei Jahre nach ihrer Debütplatte melden sich Fertig, Los! zurück. Nach über 200 Konzerten, wo sie unter anderem Pink, Wir sind Helden oder Silbermond supporteten, zeigen die drei Münchner, was sie in den vergangen Jahren gelernt haben. Schon beim ersten Durchlauf der CD merkt man, dass sich die einstige Teenie-Deutsch-Pop-Band zu einer ernstzunehmenden Indie-Rock-Band gewandelt hat. Nicht nur der Gitarrensound, sondern das ganze musikalische Arrangement klingt reifer und erwachsener. Die Texte wirken zwar nicht ernster oder überlegter, sondern werden oft durch düster anklingende Musik unterlegt. Der freundliche Gitarrenpop-Sound ist einem hochdynamischem 80er Bandsound gewichen. Zudem bemerkt man schon beim ersten Lied Ein neuer Gott eine Experimentierfreudigkeit der Band: Sänger Phillip Leu nahm zum Beispiel bei einem Besuch in Transsilvanien einen Mönchschor auf, der diesen Song im Hintergrund untermalt. Nicht alle Songs von Fertig, Los! haben solche Stärken wie Ein neuer Gott, so wirkt zum Beispiel der Titel Komm schon dagegen langweilig und belanglos. Doch das ist glücklicherweise nur eine Ausnahme und Tracks wie Pläne für die Zukunft sind echte Ohrwürmer der gleichnamigen Platte. Wer sich nach dem ersten Fertig, Los! Album Das Herz ist ein Sammler ein eher schlechteres Urteil über diese Band gebildet hat, sollte sich Pläne für die Zukunft zulegen und sein Urteil überdenken.

Wertung: ++++ (Julian Reinecke)

 

Gentleman – Diversity | Bushhouse Music

{image}Nach zehn Jahren bei Four Music meldet sich Gentleman auf seinem neuen Label Bushhouse Music mit frischem Material aus dem sonnigen Jamaica zurück. Sein fünftes Studioalbum trägt den Titel Diversity und das ist auch Programm. Neben klassischem Rootdown mit melancholischem Einschlag tobt sich Tilmann Otto hier im Dancehall aus und probiert sich auch auf clubkompatiblen HipHop-Produktionen. Zunächst leitet er mit The Reason und dem von Bongos und Akustikgitarre getragenem Klima zumindest musikalisch bereits den Sommeranfang ein. Auch die nachfolgenden Roots-Reggae-Stücke Ina Time Like Now und Lonely Days nisten sich prompt in den Gehörgang ein. Danach sorgt Ben Bazzazian mit seinen soulvollen HipHop-Arrangements für einen ersten Hauch der im Albumtitel versprochenen Vielfalt. Während das dezent zum Einsatz gebrachte Auto-Tune auf It No Pretty noch gut verträglich ist, macht der Verzerreffekt The Finish Line zu einem reizlosen Clubtune. Die Synthesizer-Experimente von Hold On Strong wissen ebenfalls nicht zu überzeugen. Das Dancehall-Brett No Time To Play birgt dafür jede Menge Live-Potenzial. Zwischen positivem Lebensgefühl und all den Goodvibes versteht es Gentleman auf geschickte Weise ernste Themen und Sozialkritik zu platzieren. Zum Gipfeltreffen mit dem zweiten deutschen Reggae-Exportschlager Patrice kommt es kurz vor Schluss mit Along the Way, bevor Gentleman Diversity mit Everlasting Love, einer Liebeserklärung an seine Frau Tamika, ausklingen lässt.

Wertung: +++ ½ (Andreas Margara)

 

Dashboard Confessional – After The Ending | Interscope Records

{image}Lange haben die deutschen Dashboard Confessional-Fans neidisch in die USA geblickt, wo das neueste Album After The Ending schon seit dem letzten Jahr im Handel ist. Nun ist auch in Deutschland das sechste Album der Band um Frontmann und Songwriter Christopher Carrabba erschienen. Mit 12 neuen Liedern – fünf davon im akustischen Gewand – melden sich die Amerikaner zurück. Schon bei der ersten Single Belle of the Boulevard merkt man, dass sich Dashboard Confessional im Sound gleich geblieben sind, es aber trotzdem schaffen neue Ideen zu verpacken. Was bei dem Album aber gleich auffällt ist die Intensität der Lieder, die Sänger Chris Carrabba in die Songs legt. Während der Aufnahmen zu der Platte hatte er mit verschiedenen Schicksalsschlägen zu kämpfen, die er nun in einigen Liedern verarbeitet. So klingt der Opener Get Me Right nach einer Erlösung, nach der der Erzähler die ganze Zeit gestrebt hat. Das gesamte Album wirkt trotzdem positiver als die vorherigen Platten, aber gerade deshalb klingt es auch nach einem Abschluss für Dashboard Confessional. Aber was kommt danach? Insgesamt bietet After The Ending zwar musikalisch weniger Abwechslung, dennoch stecken die Lieder voller Feinheiten, die es zu entdecken lohnt.

Wertung: +++ (Julian Reinecke)

 

I-Fire – Bigger Better Hotter | I-Fire Empire

{image}Es war eine längere Zeit still geworden um die Hamburger Band I-Fire. Doch nun meldet sich die Power Combo mit ihrem zweiten Album Bigger Better Hotter zurück. Mit neuem Root-Reggae Sound und treibenden Hip-Hop Grooves starten I-Fire in den Sommer. Und genau dort gehört das Album auch hin, denn die Beats versprechen Sommer, Sonne und gute Laune. Aber nicht nur Stimmungstexte gibt es bei der neuen Platte, auch sozialkritische Themen werden angegangen. Bei No War geht die 9-köpfige Band die Friedensolitik an, und das ganz ohne gewaltverherrlichenden Inhalt. Mit einem wechselnden Gesang zwischen Englisch und Deutsch versucht die Band Tiefgründigkeit in die Texte zu bringen, wobei sie aber deutlich scheitert. Denn spaßige und rhythmische Beats lassen sich nicht immer mit den ernsten Themen des Lebens in Einklang bringen. Jedenfalls haben I-Fire nicht an der musikalischen Untermalung gespart. So hört der Hörer nicht nur den Klang der Hammond-Orgel und lässige Rhymes, sondern auch ein Duo aus Bläsern bringt dem Hörer das Sommer-Feeling in die Ohren. Doch diese kleinen Höhepunkte täuschen nicht darüber hinweg, dass allzu oft Wiederholungen in den Arrangements auftreten. Mehr als ein Sommeralbum ist Bigger Better Hotter wahrscheinlich nicht, aber der Sommer ist ja noch lang.

Wertung: ++ (Julian Reinecke)

 

Murs & 9th Wonder – Fornever | SMC Recordings

{image}Fornever ist bereits der dritte Streich, den Murs zusammen mit 9th Wonder abliefert. Und bisher ging das Konzept prächtig auf: Murs' locker geflowte Silben schmiegen sich passgenau auf die smoothen Arrangements aus 9th Wonders Beatbaukasten. Unterstützt von Kurupt startet die Fornever-Session gleich fulminant mit dem gleichnamigen Opener. Runde Bässe, eine Snare, die dermaßen zischt, dass selbst Schlangen sich fürchten und ein gepitchtes Vocal-Sample aus dem Soulplattenarchiv von 9th Wonder tragen die unverwechselbare Handschrift des Produzenten aus North Carolina. Lyrisch reichert Murs seine Punchlines mit Wortspielen und einer verträglichen Portion Player-Attitüde und Arroganz an. Mit Asian Girl, das auf einen Loop mit japanischem Shamisen-Sound konstruiert ist, verneigt sich Murs vor der asiatischen Damenwelt. Cigarettes And Liquor kann sich mit seiner unausgeglichenen Melodie nach mehrmaligem Hören hingegen ballastartig auf das Trommelfell auswirken. Während West Coast Cinderella mit dem Einsatz einer Talkbox stark an Dr. Dre und seine G-Funk-Riege erinnert, ist I Used To Love Her [Again] eine Art Coversong des gleichnamigen Stücks von Common. In dem verträumten Soulgewand, das 9th Wonder der Hommage anzieht findet der Track aber durchaus seine Berechtigung. Insgesamt ein mit zehn Titeln recht kurzes aber dennoch eindrucksvolles Werk.

Wertung: ++++ (Andreas Margara)

 

So werten wir:

+

schnell auf ebay damit, bevor es jemand merkt

++

hier mangelt es an so einigen Ecken und Enden

+++

das kann sich wirklich hören lassen

++++

ein TOP-Album

+++++

definitiv ein "must have"