Grateful Dead beim legendären Woodstock Festival

Grateful Dead beim legendären Woodstock Festival © Frank White Foto Agency

Die US-amerikanische Band Grateful Dead gilt als eine der besten Live-Bands der Musikgeschichte. Für Einsteiger ist es aber gar nicht einfach, sich ihrem gigantischen Werk zu nähern. Wir haben die 5 besten Live-Alben der Band zusammengestellt.

Grateful Dead sind fraglos ein ur-amerikanisches Phänomen. Im Verlauf ihrer dreißigjährigen Karriere (1965-1995) spielte die Band mehr als 2.000 Konzerte, die von ihren fanatischen Fans, den Deadheads, mitgeschnitten und auf Kassetten (später auf CDs) verbreitet wurden. 

Die Band entstammt der in den 1960er Jahren überaus experimentierfreudigen Musikszene der Bay Area um San Francisco. Ihre Musik verbindet Elemente von Blues, Folk, Rock, Country, R&B, Soul sowie Psychedelica und ergibt zusammen einen tiefen Einblick in die unterschiedlichen Spielarten US-amerikanischer Musik.

Ein geniales Kollektiv

Bemerkenswert an der Band ist ihre überaus große personelle Kontinuität: Gitarrist und Sänger Jerry Garcia wurde meistens als Kopf der Band wahrgenommen, aber Gitarrist und Sänger Bob Weir, Bassist Phil Lesh und Schlagzeuger Bill Kreutzman gehörten der Band durchgehend an und waren für ihren Gesamtsound unverzichtbar.

Wichtige Beiträge leisteten außerdem Schlagzeuger Mickey Hart, der die Band nur in den 1970ern kurzzeitig verließ sowie Sänger und Organist Ron "Pigpen" McKernan, dessen Interpretationen von Blues und R&B-Songs den Sound der Band zwischen 1967 und 1972 prägten. McKernan starb 1973 an den Folgen seiner Alkoholsucht. 

Der Schleudersitz bei der Band war anders als bei Spinal Tap nicht die Position des Schlagzeugers, sondern die des Keyboarders. In der Frühzeit der Band (1968-1970) übernahm Tom Constanten diese Rolle. Von 1971 bis zu 1979 fungierte Keith Godchaux als Pianist, während seine Frau Donna bei Fans bis heute umstrittene Background-Vocals beitrug. Es folgten Brent Mydland (1979-1990) und Vince Velnick (1990-1995).

Unüberschaubares Werk

Da die Band mit wenigen Ausnahmen jedes Jahr ausgiebig auf Tour ging und diese Konzerte von einem frühen Zeitpunkt an dokumentierte (zunächst auf Band, dann auf Kassette und schließlich digital), existiert ein gewaltiges Archiv, das bis heute für einen stetigen Strom an Live-Veröffentlichungen sorgt.

Bis 2019 hat die Band mehr als 200 Live-Alben und Box Sets veröffentlicht. Viele davon sind aber limitierte Ausgaben, die nicht mehr leicht verfügbar sind und teilweise zu horrenden Preisen gehandelt werden.

Die folgende Liste soll Interessierten einige erste Anhaltspunkte bieten, welche Veröffentlichungen zu den besten zählen. Der Fokus liegt dabei auf offiziellen Veröffentlichungen, die möglichst leicht zu günstigen Preisen erhältlich sein sollten. Wenn nötig, wird von dieser Regel abgewichen.

1. Live/Dead oder Fillmore West 1969: The Complete Recordings (27. Februar bis 2. März 1969)

Als "Live/Dead" 1969 erschien, war es ein revolutionäres Werk: Ein Doppel-Live-Album mit zwei seitenlangen Stücken war bis dahin undenkbar, aber in der experimentierfreudigen Zeit der späten 1960er Jahre traf es auf offene Ohren. "Live/Dead" begründete den Mythos der Band und ihrer von anderen Rock-Acts nie erreichten Fähigkeit der Live-Improvisation.

Jahrzehnte später veröffentlichten Grateful Dead die kompletten Konzerte als "Fillmore West 1969: The Complete Recordings". Die schon vor Erscheinen vergriffene Box erzielt heute Preise von mehreren hundert Euro, so dass die Band vor kurzem begonnen hat, die Shows einzeln als Vinyl-Boxen zu veröffentlichen. Nr. 1 und Nr. 2 sind bereits erschienen.

Verfügbarkeit: "Live/Dead" als CD, Vinyl, Stream, die kompletten Aufnahmen nur sündhaft teuer auf dem Zweitmarkt, die ersten beiden Tage als limitierte Vinyl-Boxen. Darüber hinaus erschien ein 3 CD-Best Of.

2. Dick's Picks Vol. 4 (13. und 14. Februar 1970)

Schon früh galten die Februar-Shows des Jahres 1970 im Fillmore East in New York City als herausragende Konzerte der Band. Dick Latvala, der damalige Archivar der Band, wählte sie daher als vierte Veröffentlichung im Rahmen der Dick's Picks-Serie aus. Obwohl die Fans eigentlich immer komplette Shows wünschen, freundete sich die Mehrzahl schnell mit "Dick's Picks Vol. 4" an.

Das liegt daran, dass die Zusammenstellung schlichtweg herausragend ist. Schon der Auftakt mit energetischen Versionen von "Casey Jones" und "Dancing In The Street" ist etwas Besonderes, das Highlight ist aber fraglos die neunzigminütige (!) Abfolge von "Dark Star" (in einer der berühmtesten Versionen überhaupt), "That's It for the Other One" und "Turn On Your Lovelight" vom 14. Februar 1970. 

Weitere Teile der Shows erschienen schon 1973 unter dem Titel "History of the Grateful Dead, Volume One (Bear's Choice)". Nicht unerwähnt bleiben soll außerdem das berühmte Konzert vom 2. Mai 1970 im Harpur College in Binghamton, New York, veröffentlicht als "Dick's Picks Vol. 8", das mit seiner Mischung aus akustischen und elektrischen Songs einen anderen Blick auf die Band erlaubt.

Verfügbarkeit: Aktuell nicht als CD oder Vinyl erhältlich, eine Übersicht über die verschiedenen Ausgaben gibt es hier. Verfügbar als Stream.

3. Sunshine Daydream (Veneta, Oregon, 8/27/1972)

Eines der legendärsten Konzerte von Grateful Dead war ein Benefizkonzert für die heute noch existierende Springfield Creamery in Veneta, Oregon. An einem brütend heißen Tag im August 1972 strömten mehr als 20.000 Fans in den kleinen Ort außerhalb von Eugene, um die Band zu erleben. Da Teile des Konzerts als Film mitgeschnitten wurden, existieren auch seltene optische Eindrücke eines Auftritts der Band aus den frühen 1970er Jahren.

Bemerkenswert an dem Auftritt ist die durchgehend hohe Qualität der Performances. Misstöne gibt es keine, dafür eine der besten und berühmtesten Versionen von "Dark Star", ein unglaublich intensives "Playing In The Band" und definitive Interpretationen von "China Cat Sunflower->I Know You Rider" und "Bird Song".

Verfügbarkeit: 3CD+DVD-Box unter dem Titel "Sunshine Daydream", die auch den Film enthält; Audio als Stream bei den gängigen Diensten.

4. Cornell 5/8/77

Eine ihrer berühmtesten Shows spielten Grateful Dead in der Barton Hall der Cornell University in Ithaca, New York. Seit Jahrzehnten bekannt unter dem Namen "Cornell", erfuhr das Konzert im Jahr 2017 eine Veröffentlichung im Rahmen eines Box-Sets und als Einzelveröffentlichung.

Die Tour im Mai und Juni 1977 zeichnet sich insgesamt durch große Geschlossenheit und hohe Qualität aus, wie die große Zahl grandioser Veröffentlichungen aus dieser Zeit belegt. Unter diesen ist Cornell vielleicht auch deshalb am bekanntesten, weil die Aufnahme früh in hervorragender Qualität unter Fans kursierte.

Aber auch im Kontext der kaum schlechteren Shows am Tag zuvor in Boston und am Tag danach in Buffalo besticht "Cornell" mit unglaublicher, filigraner Spielfreude. Legendär ist das zweite Set mit "Dancing in the Street", einem unerreichten "Scarlet Begonias->Fire On the Mountain" und der fantastischen Sequenz "St. Stephen->Not Fade Away->St. Stephen->Morning Dew".

Verfügbarkeit: CD, Vinyl, Stream

5. Wake Up To Find Out – Nassau Coliseum, Uniondale, NY, 3/29/1990

Grateful Dead erlebten in den Jahren 1989/1990 eine unerwartete Spätblüte. Das belegen die zahlreichen Veröffentlichungen der Frühjahrstour des Jahres 1990, unter denen das als "Wake Up To Find Out" veröffentlichte Konzert am 29. März 1990 aus Uniondale herausragt.

Die Präsenz von Saxophonist Brandon Marsalis, der durch seine Zusammenarbeit mit Sting einem breiten Publikum bekannt wurde, macht das Konzert zu etwas Besonderem. Er ergänzt bei Klassikern wie "Dark Star", "Bird Song" und vor allem "Eyes Of The World" den Bandsound auf kongeniale Weise. Wer ein Highlight der späten Grateful Dead entdecken möchte, findet es hier.

Verfügbarkeit: CD, Vinyl, Stream

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