Yoko Ono - Porträt Fotostrecke starten

Yoko Ono - Porträt © 2013, Schirn Kunsthalle Frankfurt. Foto: Gaby Gerster

Eine Festschrift für Yoko Ono ist ein reichlich undankbares Unterfangen, schrillen doch bei den meisten bereits bei der bloßen Erwähnung ihres Namens die Alarmglocken, gehen sämtliche Reflexe unwillkürlich auf Abwehr. Die Frau hat die Beatles zerstört, sie hat aus John Lennon einen peinlichen Hippie-Messias gemacht, sie geht mit dem Andenken der Fab Four und jenem von Lennon fahrlässig um und überhaupt: die Frau ist eitel, selbstverliebt und geltungssüchtig. Bei allem Streit um die Beatles und Lennon droht Onos Bedeutung als Avantgarde-Künstlerin in Vergessenheit zu geraten, obwohl darin ihr eigentliches Vermächtnis besteht.

Warum sollte man Yoko Ono mediale Aufmerksamkeit schenken? Die Antwort ist simpel: Yoko Ono ist ein Genie! Lange bevor es zum Kontakt mit Lennon kam, war Ono bereits in der kunstschaffenden Szene so etwas wie eine schillernde Ausnahmefigur.

Avantgarde-Künstlerin

{image}Als maßgebliche Impulsgeberin der amerikanischen Fluxus-Bewegung, die in der Kunst nicht das fertige Produkt, sondern den schöpferischen Akt des Gestaltens in den Mittelpunkt stellte, teilte Frau Ono schon Anfang der 1960er mit radikalen Performances und ebenso kompromisslosen Avantgarde-Kurzfilmen das Kritikerlager in Bewunderer und Gegner.

Dem Ruf des damaligen "Destruction in Arts Symposium" folgte die Künstlerin 1966 schließlich nach London, wo sie ihre in New York und Tokio bereits vorgestellte Konzeptarbeit Cut Piece aufführte. Dabei zerschneiden Leute aus dem Publikum nach eigenem Gusto Teile von Yoko Onos Bühnenkleidung, wie es der charmante Wikipedia-Eintrag knapp erklärt.

Der Erfolg dieser Performance öffnete ihr auf der Insel Tür und Tor und die Möglichkeit, eine eigene Ausstellung ihrer Werke in der britischen Metropole auf die Beine zu stellen. Gast einer dieser Ausstellungen: John Lennon.

Laut Legende war es beiderseitige "Liebe auf den ersten Blick" und kaum ein Jahr später spielten die Beatles ihr letztes öffentliches Konzert auf dem Dach der Apple Studios.

Liebe auf den ersten Blick

Es ist nach all den Jahren weiterhin müßig, darüber zu spekulieren, ob Yoko Ono nun die Beatles auseinandergebracht hat oder nicht. Einerseits war ihr Einfluss auf Lennon immens und wegbereitend für den Split.

Sieht man sich die Entwicklung der Fab Four aber auch außerhalb dieser Beziehung genauer an, wird schnell erkennbar, dass sich hier vier Egos in diverse Sackgassen hinein manövriert haben und die Frage nach dem "Aus" eigentlich schon nach der "Magical Mystery Tour" im Raum stand.

Der Split wäre also ohnehin erfolgt.

Plakativ und penetrant

{image}Was bei all diesem bösartigen und ablehnenden Bohei übersehen wird, ist das eigentliche Werk der Yoko Ono, über dem scheinbar auf ewig der Fluch einer bösen Hexe zu lasten hat.

Zugegeben, nicht alles im Leben von Yoko Ono verdient ungetrübten Beifall. Die friedlichen "Peace"-Skandierungen mit Lennon sind zwar ehrenwert, aber leider auch reichlich plakativ und aufdringlich, um nicht zu sagen plump und selbstverliebt.

Ebenso die "Bed in"-Entkleidungsaktionen, die sicherlich für damalige Verhältnisse gewagt und provokant waren, in der Rückschau aber gleichfalls nur penetrant und bescheuert wirken.

Rocken und schocken

Diesen Minus-Nummern steht jedoch ein großes Konvolut an meisterlichen, ja genialen Arbeiten gegenüber: Das Yoko Ono-Album Fly, mit seinen brachialen Klangmustern und avantgardistischen Versatzstücken, ist auch heute noch ein wenig zimperlicher Tritt in die Weichteile musikalischer Schönfärberkunst. Die eine Hälfte rockt, die andere schockt und das in völlig zeitlosem Rahmen.

Approximately Infinite Universe führte diese Linie zwei Jahre später dann konsequent fort und im Verbund mit Lennon gelangen diesem ja bekanntermaßen solch wunderbare Angst-Alben wie Plastic Ono Band oder Imagine.

Trennung und Versöhnung

In der zweiten Hälfte der 1970er Jahre erlitt die Ehe allerdings zusehends Risse. Lennon machte in einträchtiger Kumpanei mit Phil Spector sein "Rock 'n' Roll"-Album, darauf hatte Yoko Ono nichts zu suchen. Bald brach die Ehe auseinander.

1980 dann die Versöhnung. Auf dem John Lennon Album "Double Fantasy" posieren die beiden Neuverliebten in inniger Bande, am 8. Dezember wurde Lennon in New York erschossen und eine pervertierte Logik schien sich fortan hiermit zu festigen, deren vermeintlicher Ursprung in der Trennung der Beatles bestand.

Kunst als radikale Weltanschauung

{image}Yoko Ono ist heute zwar nicht vergessen, ihre Arbeiten genießen aber nach wie vor nur bei wenigen jenen außergewöhnlichen Stellenwert, der ihnen zusteht. Und eigentlich müsste man den mittlerweile überstrapazierten und inflationär verwendeten Begriff des "Gesamtkunstwerks" benutzen, um dem Leben und Schaffen Yoko Onos gerecht zu werden.

Musik, Performance, bildende Kunst, Theater und Film, in nahezu allen Bereichen hat Frau Ono Bemerkenswertes geleistet und vieles von dem, was heute in den popkulturellen Medien als selbstverständlich betrachtet wird, vorweggenommen und etabliert. Von ihren feministischen und politischen Engagements ganz zu schweigen!

Yoko Ono feiert am 18. Februar 2013 ihren 80. Geburtstag. Im Dakota Building in New York, jenem Ort, an dem seinerzeit vor ihren Augen John Lennon ermordet wurde, lebt sie heute noch. Und auch das darf man wohl getrost als radikale Form von Willen und Ausdruck einer konsequenten "L'art pour l'art"-Weltanschauung ansehen.

Happy Birthday, Yoko Ono!


EVENT-TIPP: Ausstellung in der Schirn Kunsthalle Frankfurt vom 15. Februar bis zum 12. Mai 2013: Yoko Ono. Half-a-Wind Show. Eine Retrospektive.

Besondere Aufmerksamkeit legt diese Retrospektive auf Yoko Onos Werke aus den 1960er- und 70er-Jahren, ihren Einfluss auf Fluxus-Bewegung, Konzept- und Performancekunst, Environments, Film, Musik, ihren Einsatz für den Frieden sowie ihr Engagement, diesen bahnbrechenden Ideen den Weg zu bereiten.


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