Irreversible Entanglements

Irreversible Entanglements © Bob Sweeney

Irreversible Entanglements demonstrieren im Rahmen von Enjoy Jazz im Ludwigshafener Kulturzentrum dasHaus nicht nur ihre außergewöhnlichen instrumentalen Fähigkeiten, sondern auch die Kraft des Jazz, Hoffnung zu schaffen.

Unter dem Künstlernamen Moor Mother veröffentlichte Camae Ayewa 2016 ihr Debut-Album "Fetish Bones". Mit einer Mischung aus Spoken Word und düsterem Industrial Hip-Hop schaffte Ayewa es mit diesem Album auf zahlreiche Bestenlisten.

Neben ihrer Tätigkeit als Hip-Hop-Musikerin (zuletzt "Black Encyclopedia of the Air" und "BRASS" mit Billy Woods) ist Ayewa als Poetin auch Teil des Free Jazz-Kollektivs Irreversible Entanglements, mit dem sie im Rahmen des Enjoy Jazz-Festivals im Ludwigshafener Kulturzentrum dasHaus auftritt. 

Vielseitige Energie

Festivalleiter Rainer Kern lobt Irreversible Entanglements in seiner kurzen Eröffnungsrede als eine der aufregendesten und meist beachtetsten Jazz-Bands der letzten Jahre – ein Ruf, dem die Gruppe in Ludwigshafen ab dem ersten Ton gerecht wird. 

So fällt vor allem die ungemeine Spielfreude der Instrumentalisten auf: Drummer Tcheser Holmes' Spiel besticht durch zahlreiche Fills und Breaks, ohne dabie den Groove zu verlieren, während Kontrabassist Luke Stewart mit unermüdlicher Energie und Kreativität Basspuren entsinnt, aufbricht und weiterentwickelt.  

Aquiles Navarro und Keir Neuringer wiederum wechseln zwischen Trompete bzw. Saxophon und zwei Synthesizern sowie gelegentlicher Percussion und sorgen so für verschiedene Klangfarben und -texturen, die von spirituellen Ambient-Passagen über groovige Rhythmusparts bis hin zu nervösen Gruppenimprovisationen reichen.

Reduzierter Ausdruck

Über den verspielten, aber nie überbordenden Instrumentals thront die tiefe, dringliche Stimme von Camae Ayewa, die sich, im Gegensatz zu den oft ausufernden Spoken Word-Texten ihrer Moor Mother-Alben, bei Irreversible Entanglement viel auf die Wiederholung einzelner Wörter und Phrasen beschränkt. 

Die Tendenz, die Texte auf das Wesentliche zu reduzieren und mit diesen Fragmenten zu spielen, tut dem Ausdruck Ayewas und auch der Botschaft von Irreversible Entanglements dabei keinen Abbruch: Ihre Ayewas kraftvolle Fragmente stehen für Hoffnung, Mut und Zusammehalt im Angesicht von Intoleranz, Ungerechtigkeit und Unterdrückung. Sie wirken gerade durch ihre Reduktion und Repetition und hallen noch lange im Publikum nach. 

Freiraum

Die Wirkung der Texte wird dabei zusätzlich verstärkt durch die Freiräume, die Text und Musik sich gegenseitig lassen: Wo Camae Ayewas Vocals auf den Alben von Irreversible Entanglements deutlcih im Vordergrund stehen, fügt sich ihre Stimme hier "nur" als ein weiteres Element in den Bandsound ein. 

So wirken ihre Parts wie Improvisationen unter anderen; Improvisationen, denen seitens der Bläser Platz eingeräumt wird und die von der Rhythmusgruppe mit einem treibenden Fundament ausgestattet werden. Gerade auf diese Art und Weise können die Texte von der Kraft des gesamten Ensembles profitieren, erhalten die Worte eine Energie, die über die einfache Rezitation herausreicht. 

Kein Ende in Sicht

Diese Energie überträgt sich fast direkt auch auf das Publikum im Ludwigshafener Haus: Schon nach den ersten paar Minuten beginnen die Gäste, auf ihren Sitzplätzen mit den Köpfen zu nicken, spätestens in der zweiten Hälfte des Sets verstärken sich die Bewegungen und Gesten im Zuschauerraum merklich.

Als die Band nach einem nicht enden wollenden Applaus tatsächlich erneut die Bühne betritt und als Zugabe "Open The Gates", den Opener des gleichnamigen neuen Albums, spielen, bleiben einige Gäste stehen und erleben so zumindest den letzten Song noch tanzend – das wohl eindeutigste Indiz für die schiere Energie, die Irreversible Entanglements auf die Bühne bringen. 

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