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Aisha Devi (live beim Jetztmusik Festival in Mannheim 2016) © Helen Landsberger

Einen Abend voller Gegensätze präsentierte das Jetztmusik Festival in der Mannheimer Alten Feuerwache. Die vier Acts Ron Morelli, Karen Gwyer, Aisha Devi und Gora Sou bewegen sich alle im Bereich der elektronischen Musik, bieten jedoch ein breites, abwechslungsreiches Klangspektrum.

Mit Ron Morelli, Karen Gwyer, Aisha Devi und Gora Sou präsentiert das Jetztmusik Festival das letzte Konzert seiner diesjährigen Ausgabe.

Ein mit Synthesizern, Effektgeräten und vor allem einer ungeheuren Menge Kabel beladener Tisch ist der Mittelpunkt des Geschehens, und er verrät bereits, was an diesem Abend geboten wird: Jeder Künstler hat sich der elektronischen Musik verschrieben. Den besonderen Reiz des Konzerts, so wird sich noch zeigen, macht das Nebeneinander vollkommen unterschiedlicher Stile und Herangehensweisen aus.

Gora Sou und Aisha Devi

Als erster auf der Bühne steht Gora Sou alias Marc Übel, der vor allem als Drummer von Sizarr bekannt ist. Mit Keyboard und modularem Synthesizer ausgerüstet, präsentiert er flächige, sich langsam entwickelnde Ambient-Soundscapes, die er mit verschiedenen Filtern und Effekten verfremdet und moduliert. 

Saß das Publikum bei Gora Sou noch überwiegend, um konzentriert zuzuhören, veranlassen bereits die ersten Töne der nächsten Künstlerin die Zuschauer zum Aufstehen. Wo Gora Sou ruhig und subtil zu Werke ging, fällt Aisha Devi sozusagen mit der Tür ins Haus: Sie eröffnet mit wummernden Bässen und knalligen Drums, die das Publikum nicht lange still stehen lassen.

Über das rohe rhythmische Fundament spielt Devi schrille Lead-Synthesizer und singt mit kraftvoller Stimme orientalisch angehauchte Melodien, die, mit Echo und Reverb getränkt, ein wenig an Grimes erinnern. Begleitet wird der Auftritt von bunten, psychedelischen Videoprojektionen, einer stimmungsvollen Mischung aus rudimentären 3D-Animationen und häufig religiös inspirierten Filmaufnahmen. So gelingt es Aisha Devi mühelos, eine intensive, entrückte Atmosphäre in der Alten Feuerwache zu schaffen, aus der einen erst das Ende abrupt wieder entreißt. 

Ron Morelli und Karen Gwyer

Nach Devis Auftritt ist es dann auch schon Zeit für den Hauptact des Abends, Ron Morelli. Vor allem als DJ und Labelbetreiber bekannt, präsentiert Morelli an diesem Abend sozusagen seine andere Seite: Statt tanzbarem Techno-Set bietet er sein letztjährigen Albums "A Gathering Together" live dar. Dies kommt fast vollständig ohne Beats oder Melodien aus, stattdessen konzentriert Morelli sich auf düstere, beklemmende Soundscapes mit dröhnenden, maschinellen Geräusche und verfremdeten Field Recordings.

Die Stärken seines Auftritts liegen vor allen Dingen in der atmosphärischen Dichte der von ihm verwendeten Sounds, in der Bildhaftigkeit von pulsierenden Synthesizern und kaum auszumachenden Sprachsamples. Teilweise verlässt er sich jedoch zu sehr auf die Tragkraft dieser Atmosphäre, so dass das einstündige Set hin und wieder einen durchgängigen Spannungsbogen vermissen lässt. 

Als letzter Act des Abends betritt die Britin Karen Gwyer die Bühne. Ihr Auftritt stellt einen erneuten stilistischen Bruch dar: Statt introspektiver Klangverfremdungen ist hier Tanzbarkeit die einzige Maxime. Mit Sampler und Bass-Synthesizer ausgerüstet liefert Gwyer rohen, reduzierten Techno, der das Publikum von der ersten Sekunde an begeistert. Kompromisslos und ohne das Tempo zu reduzieren liefert sie sicherlich das Club-tauglichste Set des Abends, das einen würdigen Abschluss der breit gefächterten Klangpalette darstellt, die an diesem Abend geboten wurde.

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