Erwin Ditzner, Ingrid Laubrock, Sebastian Gramss Enjoy Jazz (2014)

Erwin Ditzner, Ingrid Laubrock, Sebastian Gramss Enjoy Jazz (2014) © Daniel Nagel

In der Alten Feuerwache in Mannheim sorgen Ingrid Laubrock, Erwin Ditzner und Sebastian Gramss mit ihrem kongenialen Zusammenspiel für ein Highlight des diesjährigen Enjoy Jazz-Festivals.

Alljährlich erhält Schlagzeuger Erwin Ditzner bei Enjoy Jazz Carte Blanche, das heißt die Gelegenheit einen Konzertabend ganz nach seinen Vorstellungen zu gestalten. Ohne vorherige Probe lädt er Musiker zur gemeinsamen freien Improvisation ein: in diesem Jahr seinen langjährigen "Partner in crime", den Bassisten Sebastian Gramss sowie die Saxophonistin Ingrid Laubrock.

Es hat sich herumgesprochen, dass diese Konzertabende häufig Highlights sind: die Alte Feuerwache in Mannheim ist gut mit erwartungsfrohen Besuchern gefüllt – und sie sollten nicht enttäuscht werden.

Der Schlüssel zum Erfolg

Nach kurzem gegenseitigen "Abtasten" findet das Trio seine Stimme. Es ist ein Genuss zu beobachten, wie die Musiker aufeinander reagieren, wie sie sich gegenseitig zuhören, rhythmische Fäden und melodische Motive aufgreifen und zu einem harmonischen Ganzen formen. Keine Egoismen bringen dieses fragile Konstrukt aus dem Gleichgewicht.

Den Zuschauern, die weiter hinten sitzen, entgeht leider der kommunikative Aspekt der Performance ganz oder teilweise. Manche kommen daher nach vorne und stellen sich an die Seite, um dem Geschehen auf der Bühne nahe zu sein. Sie sehen wie Gramms sich fast lauernd über seinen Bass beugt, um Laubrocks ausdrucksstarkes Spiel zu beobachten, wie sich Ditzner ganz dezent, aber präzise mit seinem Schlagzeug einbringt und Räume für Laubrock und Gramss schafft.

Vielseitige musikalische Ausdrucksformen

Nicht nur die Harmonie, auch die Vielseitigkeit des Zusammenspiels beeindruckt. Während des ersten Teils, einer langen fünfundvierzigminütigen Improvisation, folgen meditative, ruhige Passagen auf abstrakte Improvisation und dann wiederum auf vorwärtstreibende Euphorie. Die Musik fließt stetig, aber nicht gleichförmig: Stattdessen gibt es klar definierte Phasen, Übergänge und auch Pausen. Das Ziel lautet nicht Überwältigung, sondern Akzentuierung.

Es ist nicht überraschend, dass der zweite Teil des Konzerts die Klasse der ersten langen Improvisation nicht ganz halten kann. Dennoch ist auch er nicht ohne Reiz: Nach langem abstrakten Austausch, das fast ein wenig Ambient-Gefühl aufkommen lässt, ziehen Laubrock, Ditzner und Gramms das Tempo noch einmal an und schaffen wieder ein ähnlich mitreißendes Gefühl wie in der ersten Hälfte zu erzeugen. Nach fast neunzig Minuten sieht man der sichtlich erschöpften Ingrid Laubrock an, wie viel Konzentration das Konzert gekostet hat.

Nachzuhören im Radio

Dennoch zieht die abschließende kurze Zugabe zieht noch einmal alle Register und verdeutlicht, was den Abend so besonders machte: das harmonische Zusammenspiel auf ein gemeinsame Ziel hin. Das Konzert wurde übrigens vom Südwestfunk aufgezeichnet und wird am 30. Januar auf SWR 2 gesendet. Alle, die nicht dabei gewesen sind, haben dann Gelegenheit, dieses Highlight nachzuhören.