Lady Gaga (Pressefoto, 2014)

Lady Gaga (Pressefoto, 2014) © Inez and Vinoodh Photo

Über kaum eine Künstlerin unserer Zeit wird so viel diskutiert wie über Lady Gaga. Für viele Kritiker ist sie eine Skandalnudel, die mit peinlichen Auftritten nach Aufmerksamkeit giert. Andere sehen in ihr eine Ikone. Live ist sie aber in jedem Fall ein Erlebnis.

Schon der Auftakt des Artrave von Lady Gaga ist irgendwie anders als die üblichen Live-Konzerte. Nach dem unspektakulären Support von Breedlove kommen mit DJane Lady Starlight zumindest die für einen Rave nötigen Powerbeats in die Halle. Sie mixt rund 30 Minuten am Pult. Danach wird es aber nicht still und wieder hell in der Lanxess Arena wie sonst. Die Beleuchtung bleibt an, die Beats knallen rund 40 Minuten weiter, bis Lady Gaga gegen 21.10 Uhr erscheint.

Das Monster aus der Tiefe

Als der Vorhang fällt, wird endlich die ganze Bühnenkulisse sichtbar. Die Musiker stehen in einer Iglulandschaft, in der Mitte befindet sich eine Höhle als Ein- und Ausgang. Vorne zweigen zwei weitere Bühnen ab, wobei sich rechts vorne eine Stalagmitenformation befindet, in der sich ein Piano versteckt. Angestrahlt wird alles in pinkem Licht, während die Tänzer und Tänzerinnen mit Bällen erscheinen und den Weg bereiten für den Auftritt des großen Monsters.

Als Monster bezeichnet Lady Gaga sich selbst und ihre Fangemeinde. Dementsprechend taucht sie mit Tentakeln in Form von Flügeln aus der Tiefe auf und startet mit "ARTPOP" den ersten Teil der Show, der wie ein Hochgeschwindigkeitsrave alle mitzureißen scheint. Das Glitzerkleid mit der blauen Perle vorne passt perfekt in die bizarre Phantasiewelt, in die alle Zuschauer entführt werden.

Der lange Laufsteg wird mit "Donatella" zu einer futuristischen Modenschau mit verrückten Frisuren, Klamotten und Kopfbedeckungen, bevor die Fans auf die Venus entführt werden. Zum Song "Venus" wachsen Pilze aus dem Bühnenboden, während Lady Gaga in String und Bikini sehr offenherzig ihre Weiblichkeit präsentiert.

Die erste Hitsalve

Längst stehen alle Zuschauer auch auf den Sitzrängen, als sie einen kurzen Rückblick auf den Beginn ihrer Karriere wirft. Im kurzen, weißen Kleid startet im fließenden Übergang die Dreierperformance von "Just Dance", "Poker Face" und "Telephone", die mit dem krachenden Sound der drei Gitarristen endet, die gemeinsam vorne zum Bühnnerand kommen. Die Tanzperformance in der Formation ist spitze, auch wenn ihr größter Welthit "Poker Face" fast etwas beiläufig zur Geltung kommt und nicht extra groß zelebriert wird.

Im neuen Outfit, ein Oberkörpertrikot mit schwarzen Punkten, geht es zu "Papparazzi". Dazu fährt Lady Gaga, sitzend auf einer großen, silbernen Hand, hoch in die Lüfte, um anschließend dem Konzert eine völlig neue Stilrichtung zu geben.

Rock und Gefühle

Der erste richtig beeindruckende Moment ist die Performance von "Dope". Lady Gaga sitzt am versteckten Piano vorne rechts, das Ravegeballer ist weg, sie singt ganz alleine mit einer nicht so stark erwarteten Powerstimme. Die ergriffene Stimmung in der Halle zeigt, wie sehr sie die Menschen emotional mitnimmt in ihre Welt.

Zur emotionalen Entladung powert sie eine Rockperformance zu "Yoü And I" mit ihren drei Gitarristen, bevor es wirklich ergreifend wird. Zur Akustikversion von "Born This Way" holt sich Lady Gaga eine junge Frau mit Namen Martina zu sich ans Piano. Die ist völlig fertig, wird von ihrem Idol umarmt und dann lehnt sie sich während dem Song an ihre Schulter. Die Performance wird zur Hymne für die Homosexuellen, eine Botschaft der Gleichstellung und der gegenseitigen Toleranz. Der Appell wird wie kaum ein anderer Teil der Show von den Zuschauern bejubelt und beklatscht.

Echte Fans und die Rebellion

Mit nun grüner Kurzhaarperücke und schwarzer Lederjacke über dem String startet sie den zweiten Teil der Danceperformance mit "Edge Of Glory". Anschließend erhält sie eine Stoffpuppe zugeworfen samt Brief, den sie laut vorliest. Der Brief ist von Marcy, offenbar einem ihrer treuesten Monsterfans. Sie ist so ergriffen, dass sie Marcy und alle ihre Freunde nach der Show hinter die Bühne einlädt.

Dann aber nimmt sie Anlauf zu ihrer Art der "Creative Rebellion". Sie zeigt den Fans das, was gewöhnlich hinter der Bühne beim Umziehen passiert. Ihre Kostümbildner holen sie an eine Spiegelwand und ziehen die mit dem Rücken zum Publikum stehende Lady Gaga komplett nackt aus. Angepasst wird ein knallgrünes Outfit mit einer Art Pippi Langstrumpf Perücke. Damit startet sie die von allen Tänzern so sehnlich erwartete Performance von "Bad Romance". Jetzt kennen die Tänzer im Innenraum kein Halten mehr und geben Vollgas. Der Abschluss ist dann ein tolles Bühnenbild mit Lady Gaga in der Mitte zwischen all ihren Tänzern, die für mehrere Sekunden regungslos stehen bleiben, damit alle Zuschauer dieses Standbild fotografieren können. 

Der emotionale Schluss

Nach dem Abgang mit "Swine", einer Gruppenperformance mit Schweinemasken, folgt eine seltsam lange Pause von über 5 Minuten, in der die Stimmung fast zu kippen droht. Doch dann erscheint Lady Gaga noch für einen letzten Song. Im weißen, langen Schleppenkleid mit schneeweißer Langhaarperücke setzt sie sich erneut ans Piano und spielt "Gypsy", bevor sie samt ihrer Musiker zum Rand der Hauptbühne zurückkehrt und dort mit ihnen im Boden verschwindet.

Der tosende Beifall ist gerechtfertigt, denn die Live-Show war wirklich sehenswert. Tolle Gruppenperformance, eine starke Lady Gaga, die ihre Vielseitigkeit und Klasse unter Beweis gestellt hat. Riesenstimme, emotionaler Zugang zum Publikum, toll an der Gitarre und am Klavier. Sie ist eine Rampensau, egal ob beim Rave, beim Dance, bei den Popsongs oder als Rocklady.  

Setlist

ARTPOP | G.U.Y. | Donatella | Venus | MANiCURE | Just Dance/Poker Face/Telephone | Paparazzi I Do What You Want | Dope | Yoü And I | Born This Way | The Edge Of Glory | Judas/Aura | Sexxx Dreams | Mary Jane Holland | Alejandro | Bad Romance | Applause | Swine || Gypsy

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