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© Play It Again Sam

In der ausverkauften Alten Oper in Frankfurt zeigte die dänische Sängerin Agnes Obel, dass sie ihren Erfolg keineswegs nur einem Werbesong verdankt: Ihre Musik bezaubert mit ihrer Mischung aus schwerer Düsternis und ungreifbarer Leichtigkeit die Zuschauer.

Agnes Obel ist eine dieser Künstlerinnen, die schätzungsweise halb Deutschland im Kopf hat, ohne es eigentlich zu wissen. Zumindest die, die ab und zu mal den Fernseher laufen haben und bei Reklame nicht weiterschalten.

"Ah, das ist doch die mit dem Song aus der Telekom-Werbung", heißt es dann, wenn man ihren wohl bekanntesten Song "Just So" zu Ohren bekommt, der 2009 einem Spot des Unternehmens zu akustischem Glanz verhalf.

Mehr als eine Werbestimme

Es ist aber grundfalsch, die Dänin in die immer größer werdende Kiste an werbungsuntermalenden Nicht-einmal-wirklich-One-Hit-Wondern zu stecken, bei denen das Produkt immer bekannter ist, als es die Interpreten selbst je sein werden.

Obel ist dafür einfach zu sehr Künstlerin – die im September letzten Jahres veröffentliche zweite Platte "Aventine" wurde von Fans und Kritik gleichermaßen gefeiert, die derzeitige Tour ist schon jetzt eine Erfolgsstory. Auch das Konzert am Freitagabend in der Alten Oper Frankfurt im Rahmen des Women of the World-Festivals war folgerichtig ausverkauft.

Schwer und leicht zugleich

Ganz in Weiß betritt Agnes Obel gegen Viertel vor Neun die Bühne, ihr blondes Haar zum Dutt hochgesteckt, begleitet von ihren beiden Mitstreiterinnen des Abends Charlotte Danhier (Cello) und Mika Posen (Violine).

Es folgen rund 90 Minuten, die schwer in Worte zu fassen sind, am ehesten noch in Adjektive: düster, mystisch, ätherisch, schwebend, schwer und dennoch irgendwie trotzdem leicht und schnörkellos. Hochkonzentriert verliert sich die zierliche Frau scheinbar selbst ganz in ihrem Spiel am wuchtigen Flügel.

Gänsehaut-Attacken

Ihre Stimme erinnert manchmal entfernt an Coco Rosie oder an Regina Spektor. Doch wo bei ersteren die Exzentrik und bei zweiterer der Pop-Appeal überwiegt, gelingt es Obel nur durch ihren klaren Gesang und die leichte, stets präsente Melancholie in ihren Kompositionen eine Bühnenpräsenz zu erzeugen, die einen schier umwift.

Doch man würde ihre Mitmusikerinnen schändlich vernachlässigen, wenn man sie als bloße Begleitung bezeichnen würde: Das Spiel von Flügel, Cello und Violine wirkt oftmals wie ineinander verwoben, die Kommunikation zwischen den drei Frauen auf der Bühne läuft ganz ohne Blicke ab und der mehr-, oft dreistimmige Gesang tut sein Übriges, um Gänsehaut-Attacken auszulösen.

Präzise Inszenierung

Zwischen den Songs holt die Beleuchtung, die ebenso Teil des Gesamtkonzepts ist und von Stück zu Stück wechselt, die Zuhörer zurück aus den Sphären, in die sie mehr oder weniger unwillkürlich abdriften – seien es düstere nebelverhangene Wälder oder blühende Wiesen in der Nachmittagssonne.

Bescheiden und in charmantem Deutsch moderiert die Wahlberlinerin den Abend, sinniert über die Entstehungsgeschichte einzelner Songs und bedankt sich immer wieder für den Beifall, der nach jedem Song umso lauter erscheint, nachdem man während den Stücken die buchstäbliche Stecknadel hätte fallen hören können.

Beschwingte Hits sind unerwünscht

Am Ende des Abends steht dann ein Cover: John Cales "Close Watch", animiert das Publikum erneut zu langanhaltendem Applaus und nach einem abschließenden instrumentalen Solostück verabschiedet sich Agnes Obel von der Bühne.

Dass "Just So" nicht auf der Setlist stand, verwundert übrigens nicht wirklich – der Song hätte mit seiner fast fröhlich-beschwingten Grundstimmung nicht wirklich ins Set gepasst. Vermisst hat ihn wohl aber sowieso keiner.

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