Jamie Cullum (live in Mannheim, 2014) © Manuela Hall
Jamie Cullum ist der Shooting-Star der modernen Jazz-Pop-Szene und dafür sprechen nicht nur die Grammy-, Golden Globe- und BRIT-Nominierungen, die der Brite in den letzten Jahren erreichen konnte.
Kleine, große Big-Band
Mit "Momentum" erschien im Mai 2013 Cullums aktuelles Album, das zudem sein poppigstes ist. Auf Tour wird Jamie Cullum von seiner vierköpfigen Band begleitet, wovon der Großteil ebenso aus Multiinstrumentalisten besteht.
So wechselt Gitarrist Rory Simmons während den Songs auch gerne mal zur Trompete oder zum Horn oder greift Tom Richards zum Saxophon, wenn er nicht am Keyboard sitzt.
Vor allem das Zusammenspiel aus Trompete und Saxophon in Kombination mit dem stilechten Kontrabass lassen echtes Big-Band-Feeling aufkommen, obwohl auf der Bühne nur fünf Musiker stehen.
Ein Abend voller Soli...
"Wie geht's, Mannheim?!", begrüßt Jamie Cullum sein Publikum und gibt direkt den ersten Solo-Part des Abends am Keyboard zum Besten. Insgesamt vier Tasteninstrumente – von einer Orgel bis hin zum Flügel – stehen zur Verfügung und werden während des zweistündigen Konzerts auch ausgiebig genutzt.
Bei einem Jamie Cullum-Konzert kann es eben schonmal ein paar Minuten länger dauern, bis man bei der zweiten Strophe eines Songs angekommen ist. Improvisation wird bei dem quirligen Briten groß geschrieben.
Auch der Rest der Band kommt mit Solo-Einlagen definitiv nicht zu kurz. Mit Kommandos wie "Gimme only the drums" leitet Cullum das Solo von Schlagzeuger Brad Webb ein.
...und voller Cover
Neben seinen eigenen Songs – vorwiegend aus den beiden Alben "The Pursuit" und "Momentum" – lässt Jamie Cullum während seiner Show auch immer wieder verschiedene Cover miteinfließen.
Genauer genommen sind es Eigeninterpretationen, denn Cullum arrangiert die Stücke neu und setzt dem Ganzen so seinen eigenen Stempel auf. Würde man die Songs nicht kennen, könnte man meinen, ein "Don't Stop The Music" von Rihanna oder ein "High And Dry" von Radiohead hätte er selbst geschrieben.
Beindruckender Stimmumfang
Auch Dinah Washingtons “What a Diff'rence a Day Made" passt wunderbar zu der voluminösen Stimme des Briten, deren außergewöhnlichen Umfang er mit beeindruckender Kontrolle einzusetzen vermag.
Der Beat zu Snoop Doggs "Drop it like it's hot" und Pharrells "Happy" wird einfach durch Schläge auf den Flügel selbst erzeugt. Sogar auf den einzelnen Flügel-Saiten wird gespielt. Jamie Cullum weiß eben, wie vielseitig er sein Instrument einsetzen kann.
Der Rockstar unter den Jazz-Pianisten
Bei Jamie Cullum schlagen zwei Herzen in der Brust. Auf der einen Seite hätten wir da den hochbegabten Jazz-Pianisten, der mit virtuosen Klavier-Einlagen für offene Münder sorgt. Auf der anderen Seite den Rockstar.
Letzteres zeigt sich weniger musikalisch als anhand seines Verhaltens. So steigt der Brite auch mal aufs Klavier, landet mit einem beherzten Sprung wieder auf der Bühne, trommelt kurz auf einer Snare weiter und setzt sich wieder an den Flügel. Hier wird Jamie Cullum dann zum Headbanger, streckt seine Finger weit in die Luft, um selbige dann über die Klaviatur fliegen zu lassen.
Auch den Kontakt zu seinem Publikum scheut er keineswegs. Bei "Love For Sale" verschwindet Cullum kurzerhand in der Menge – eben wie ein echter Rockstar.
Lausbubencharme
Ist das Publikum im Rosengarten bis auf die Hardcore-Fans in den ersten Reihen anfangs noch etwas verhalten, kann es sich wenig später den groovigen Nummern und dem Jamie Cullum-Charme nicht mehr entziehen.
Sei es, wenn er in gebrochenem Deutsch "Ich liebe dich, Mannheim" sagt, sich vorstellt mit "ich heiße Jamie Cullum" oder mit kleinen Anekdoten den Abend auflockert. Cullum erzählt u.a. von der Entstehung seines Songs "When I Get Famous" und dass er in der Schule eher die Danny DeVito-Version von Ryan Gosling war. Oder als er vor einigen Jahren bereits in Mannheim vor rund 27 Gästen, die alle auf Plastikstühlen saßen, performte.
"Can I come back soon?"
"You are an amazing audience", so bedankt sich der Cullum bei seinem vollauf begeisterten Publikum. Als Zugabe kehrt er nach rund zwei Stunden Programm alleine auf die Bühne zurück, setzt sich ein letztes Mal an seinen Flügel, spielt ein paar improvisierte Akkorde und singt: "Mannheim, ohhhh Mannheim, you know how to give an english boy a good time. Can I come back soon?
Die einstimmige Antwort lautet: Sure, Jamie!