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Paul Weller © Cynthia Geyer

2010 war Paul Weller das letzte Mal in Deutschland, jetzt kam er für zwei Konzerte zurück. Mit dabei hatte er sein aktuelles Album "Sonik Kicks". In Berlin überzeugte er. Am 17.12.2012 in Hamburg begeisterte er restlos.

Die deutschen Fans von Paul Weller waren in den 80ern, 90ern und 00ern sehr verwöhnt was die Möglichkeit betraf den Mann, den alle Modfather nennen, live zu erleben. Im aktuellen Jahrzehnt gab es bislang nur ein einziges Konzert vor zwei Jahren in Köln. Nun folgte eine Mini-Tour mit zwei Gigs in Berlin und in Hamburg.

Ein frischgebackener Familienvater macht sich rar

Die Gründe für die Reduktion der Touraktivitäten sind wohl in Wellers Privatleben zu suchen. Mit seiner jungen Familie scheint er stabiler leben zu wollen als mit seinen vorherigen. Mehrwöchige Tourneen würden ihn vielleicht wieder in Versuchung bringen seine guten Vorsätze aufzugeben und so macht er sich etwas rarer. Inaktivität kann man ihm indes nicht vorwerfen, nach wie vor vergehen kaum zwei Jahre zwischen seinen neuen Alben, die ihm zuletzt viel Kritikerlob, aber auch mitunter verstörte Altfans eingebracht haben.

Paul Weller hat sich immer als ein Künstler betrachtet, der im Augenblick lebt und seine aktuellen Platten auf Konzerten konsequent präsentiert anstatt wie die meisten der Künstler, die im vierten Jahrzehnt aktiv sind, die großen Hits zur Basis des Liveprogramms zu machen. Das hat ihm zwar vielleicht die Möglichkeit gekostet die großen Hallen zu füllen, ihm aber sowohl von Fans als auch Kritikern Respekt gesichert.

Knapp an der Magen-Darm-Grippe vorbei

Vor dem Konzert dringen besorgniserregende Gerüchte aus dem Backstage-Bereich: Weller hätte Sorge sich mit der Magen-Darm-Grippe, die seine Familie gerade heimsucht, angesteckt zu haben heißt es, und es dürfe keiner zu ihm. Um Punkt neun geht dann jedenfalls das Licht aus und Paul Weller geht mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf die Bühne, um sogleich mit einer im Vergleich zur Studioversion sehr kraftvollen Version von Up the Dosage loszulegen. Der Mann wirkt nicht krank. Im Gegenteil, man sieht ihm an, dass sein geänderter Lebensstil ihn wieder fitter, sportlicher aussehen lässt.

Mit That Dangorous Age und 7&3 Is The Striker's Name bleibt er zunächst bei neuen Songs, bis dann der alte The Jam-Nr.1-Hit Start! die Große Freiheit erstmals richtig begeistert. Überhaupt gibt es wenige Orte, wo Weller sich so zuhause fühlt wie auf Hamburg St. Pauli. Die Magie der Orte, in denen vor mehr als 50 Jahren die Beatles "Schau machten" wirkt noch immer und Weller lässt sich nicht lumpen und legt mit My Ever Changing Moods und The Cost of Loving noch mal zwei The Style Council-Klassiker im zeitgemäßen, auf seine Band zugeschnittenen Sound nach, die vom Publikum dankbar angenommen werden.

Bestens eingespielte Band

Die Band, die außer dem langjährigen Mitstreiter Steve Cradock noch Andy Lewis, Andy Crofts und Steve Pilgrim umfasst, ist mit Weller jetzt seit 2008 unverändert unterwegs und bestens eingespielt. Ihre besondere Qualität besteht darin, dass Cradock, Pilgrim und vor allem Crofts auch exzellente Sänger sind, die komplexe Harmoniegesänge mühelos auf der Bühne umsetzen.

Weller wählt einen geschickten Mix aus den vielen ihm zur Verfügung stehenden Liedern aus. Neben den vom Publikum gefeierten The Jam- und The Style Council-Hits spielt er eine schöne Auswahl von Klassikern der 90er und verknüpft diese mit den Songs neueren Datums zu einem überzeugenden Set. Bei Pieces of a dream baut er gar Motive aus Riders in the storm in sein Pianospiel mit ein.

Die Klassiker zum Schluss

In den zwei Zugabeblöcken gibt es noch einmal eine Handvoll Klassiker, wie z.B. The Changingman, das wunderbare und lang nicht mehr gehörte Above the Clouds, seinen in Deutschland größten Hit Shout to the Top und zum Abschluss dann das kraftvolle Whirlpools End, bei dem Weller und Cradock die Große Freiheit mit zweistimmigen Gitarrenmelodien in den Himmel heben.

Nach 105 Minuten endet ein Konzert, das für das Warten der letzten Jahre mehr als entschädigt hat. Wenn Paul Weller an diesem Abend wirklich von einer Infektion bedroht war, dann hat er bewiesen, dass der Adrenalinschub, den sich Künstler und Publikum gegenseitig geben, die beste Medizin ist. Hoffen wir, dass er nicht nur so fit bleibt, sondern auch ab und zu Lust bekommt dem Familienleben zu entfliehen um uns mit weitern Konzerten zu beglücken!

Setliste:

Up the Dosage | That Dangerouse Age | 7&3 Is The Striker's Name | Start! | My ever Changing Moods | The Attic | The cost of Loving | When your Garden’s Overgrown | Kling I Klang | Stanley Road | Pieces of a Dream | Fast Car / Slow Traffic | Moonshine | 22 Dreams | Dragonfly | You Do Something To Me | Strange Town | Into Tomorrow | Foot of the Mountain | Around the Lake | From the Floorboards Up | The Changingman | Shout to the Top | Above the Clouds | Whirlpools End

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