Enjoy Jazz 2023: Experimentelles Konzert in der Alten Feuerwache mit Alexandra Lehmler
Das frei improvisierte Konzert beginnt ohne große Worte, ohne Umschweife. Lehmler entlockt ihrer der Bassklarinette zunächst sanfte, träumerische Klänge, mal leise, mal laut, die von Jan Bang mit futuristischem Sound unterlegt werden.
Nie dagewesene Gruppierung
Das Trio steht in dieser Konstellation zum ersten Mal auf der Bühne, und auch wenn einzelne Melodien teilweise untergehen, steht immer ein anderer der drei Musiker*innen im Fokus ihrer Improvisation. Und den Spaß an der Sache sieht man ihnen an: Die Musik gipfelt in einem Fiebertraum des experimentellen Jazz, der fast ein wenig unheimlich anmutet.
Die Leidenschaft steht insbesondere Vincent Courtois ins Gesicht geschrieben. Er nimmt das Wort experimentell ernst: Sein Cello wird kurzerhand als Akustikgitarre zweckentfremdet. Auch ein Bogen fällt seinem energischen Spiel zum Opfer.
Mit dem Wechsel zum Saxophon läutet Lehmler eine sanftere, weniger düstere Stimmung ein. Jan Bang übernimmt die Klänge der anderen und schafft daraus eigene - es herrscht eine beinahe meditative Stimmung im Saal, die er hin und wieder mit einem Hupgeräusch auflöst.
Experimentell, experimenteller, Alexandra Lehmler
In der kurzen Pause, in der Courtois seinen kaputten Bogen austauscht, bedankt sich Lehmler bei Enjoy Jazz dafür, ihr auch bei verrückten Ideen freie Hand zu lassen.
Verrückt geht es auch weiter. Schneller, lauter und diesmal mit dem Bariton Saxophon. Courtois streicht und zupft – manchmal beides gleichzeitig. Jeder Teil seines Instruments wird benutzt, um Musik zu machen, selbst der Stachel.
Ende mit Knall
Wer gegen Ende des Konzerts mit seiner Aufmerksamkeit abschweift, den holt Jan Bang mit Soundeffekten klirrender Gläser zurück in die Realität. Nicht wenige Gäste sehen jedes Mal panisch nach ihren eigenen Gläsern, deren klirrendes Zerspringen ja einen unfreiwilligen Soundtrack zu fast jedem Enjoy Jazz-Konzert in der Feuerwache bildet.
Das Konzert gipfelt in einer Zugabe, in der alle drei Musiker*innen noch einmal ihr Bestes geben. Schließlich zwingen sie sich zu einem Ende, als Zuschauer hat man dennoch das Gefühl, sie könnten ewig so weiter spielen, ohne dass ihnen die neuen Ideen ausgehen.
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