Alligatoah: mit zwei Hüten, Kleiderständer und BattleBoi Basti

Alligatoah: mit zwei Hüten, Kleiderständer und BattleBoi Basti © Jannik Rulitschka

Am gestrigen Abend beglückte Alligatoah das Heidelberger Publikum in der restlos ausverkauften Halle02. Der selbsternannte Schauspielrapper liefert eine von A-Z einstudierte Show ohne große Überraschungen, die Spon­ta­ne­i­tät und Publikumsnähe vermissen lässt.

Obwohl Alligatoah mit Triebwerke am 2. August 2013 bereits sein drittes Album veröffentlichte, nahm der Hype um das Trailerpark-Mitglied vor allem dieses Jahr stetig zu. Ob groß, ob klein, dick oder dünn, alt oder jung: alle wollen das "Raptil" auf seiner "Reise nach Jerusalem" – so der Name seiner Tour – begleiten.

Auch in Heidelberg ist es nicht anders. Die Warteschlange reicht weit die angrenzende Straße runter. Dank des Elternzettels lassen sich vor allem viele Teenies das Spektakel nicht entgehen.

Santi Wer?

Als Vorheizer betritt zunächst der Berliner Rapper Sadi Gent zusammen mit Mo die Bühne, der einen relativ durchwachsenen Eindruck hinterlässt: die eintönigen Beats und repetitiven Hooklines kommen beim Publikum nicht so gut an – auch wenn Sadi Gent technisch kein schlechter Rapper ist und die ein oder andere clevere Textzeile bietet.

Ob sich der Großteil der Besucher an den Berliner erinnert, ist schwer zu sagen, zumal man seinen Namen kaum versteht und nach dem Konzert erstmal googeln muss.

Die Reise beginnt

Nach einer zehnminütigen Pause ertönt das Intro Hört, Hört von Alligatoahs aktueller Platte und es folgt die erste Ernüchterung. Wer eine Begleitband erwartet hat, wie bei anderen Genre-Kollegen, starrt jetzt auf eine fast leere Bühne: die Deko besteht aus einer Treppe in der Mitte, einem Kleiderständer und einem Stuhl; dem einzigen Stuhl im Raum. Es heißt ja nicht umsonst Reise nach Jerusalem. Die Beats werden gesamplet, Gesang und Rap sind natürlich live.

Alligatoah selbst erscheint zu Wer weiß auf der obersten Treppenstufe in einem Safari-Outfit. Daneben steht sein Butler BattleBoi Basti, der ein wichtiger Bestandteil der gesamten Show ist. Nicht nur in seiner Funktion als Butler und Wasserbringer, sondern auch als zweiter Rapper bei Songs wie Rabenväter. Ansonsten übernimmt er den Background-Part.

Einstudiert und abgespielt

Alligatoah ist nicht nur ein technisch hervorragender Rapper. Seine von A-Z einstudierte Show besteht aus vielen Schauspielelementen. Da wären zum Einen die Kostüme. Neben dem Safari-Outfit erscheint er noch als Detektiv zum Track Fick ihn doch oder als Barde im Rüschenhemd. Auch seine Ansagen zwischen den Songs erinnern mehr an Theater als an ein Konzert.

Das narzisstische Auftreten beherrscht Alligatoah jedenfalls ausgezeichnet, wenn er das Publikum mit Sätzen wie "Was für eine Ehre für euch, dass ich hier sein darf" anspricht. Dass dabei die Publikumsnähe auf der Strecke bleibt, ist wohl Teil seiner Show.

Der unnahbare Star

So geht der Rapper auf keine Zwischenrufe ein, auch wenn er selbst Fragen nach seinem Namen stellt oder welchen Song er als nächstes spielen soll. Die Ansagen selbst sind nur Mittel zum Zweck. Der Star des Abends bleibt vollkommen unnahbar.

Dennoch: den Spaß an seiner Show merkt man Alligatoah jederzeit an und auch dem Jubel seiner Fans, die so ziemlich jede noch so komplizierte Zeile auswendig können, tut das keinen Abbruch.

The show must go on

Dadurch, dass die Kommunikation zwischen dem Künstler und seinem Publikum einseitig bleibt und Alligatoah zu keinem Zeitpunkt aus seiner Rolle bricht, werden auch allgemeine Konzertelemente in seine Show integriert.

Um ein kleines Akustik-Medley mit älteren Songs einzuläuten, bei dem Alligatoah zur Gitarre greift, wird einfach ein Stromausfall simuliert. Beim Song Es ist noch Suppe wird ein Moshpit symbolisch zum Suppentopf.

"Vom Untergrundterroristen zur Mainstreamhure"

Alligatoah ist ein Phänomen und sein Bekanntheitsgrad steigt nach seinem Nummer-eins-Album Triebwerke stetig. Er unterscheidet sich von seinen Genre-Kollegen Cro, Casper oder Prinz Pi. Den Hype um seine Person kann er wahrscheinlich selbst nicht verstehen, auch wenn er auf der Bühne den selbstverliebten Star spielt.

Erfolgstechnisch hat Alligatoah der Hype nur geholfen, denn seine alten Trailerpark-Fans sind in der Halle 02 ebenso am Start wie die "Hipster-Willst du-Generation", wie er selbst feststellt.

Und so beendet Alligatoah seine Show auch mit genau diesem Track: Willst du.

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